Günter Scholten - Fosbury ist an allem schuld
Es war einmal eine Zeit, als die Menschen noch gewohnt waren, sich beim Hochsprung mit dem Oberkörper voran über die Latte zu stürzen. Damals
zogen sich die Leute seltsam geblümte Hemden mit riesigen Kragen an, träumten von Flower-Power und gingen „Willi wählen!“. Aber das wollen wir nicht näher thematisieren, denn unser Augenmerk liegt auf
einem damals 16-jährigen Leichtathletik-Talent, das mit 6,20 m im Weitsprung Bremer Landesmeister wurde und – bald darauf die Lauf- und Springschuhe gegen die Handballstiefel austauschte. Die Rede ist
von Günter Scholten, unserem derzeitigen Trainer der weiblichen C-Jugend.
„Ich hatte als 15-Jähriger mit dem Handballsport als Ausgleich angefangen, um ein wenig Abwechslung
zu haben“, berichtet Günter mir bei unserem kleinen Interview. „Zweimal pro Woche ging es draußen mit der Bleiweste über die Hürden, dann gab es noch zwei Trainingstage beim Handball im TSV Lesum.“
Irgendwann wurde Günter diese sportliche Belastung zuviel, und da er sich überhaupt nicht damit anfreunden konnte, dass man auf einmal rückwärts über die Hochsprunglatte hüpfen sollte (Stichwort
Fosbury-Flop), konzentrierte er sich nun ganz auf den Handballsport. Ihm ist er – mit kleinen Pausen – treu geblieben bis heute, wo man gelegentlich wieder seltsam geblümte Hemden trägt.
Als Torwart spielte Günter wenig später in der Bremer Landesauswahl und wechselte nach seiner
Jugendzeit zum Nachbarverein TSV St. Magnus, wo auch sein Bruder bereits spielte. Ein Zufall verschaffte ihm dort den Zugang zur 1. Herren, in der er fast 15 Jahre spielen sollte: Bei einem
Freundschaftsspiel fehlte der Mannschaft ein Torwart. Günter wurde kurzerhand ins Team geholt und nach einer überzeugenden Vorstellung sofort fest engagiert. In den Jahren beim TSV St. Magnus gab
es den einen oder anderen Auf- und Abstieg, die erfolgreichste Zeit erlebte Günter dort in der Verbandsliga unter Trainer Arnold Kriegs. Mitte der 80er Jahre trat Günter aus beruflichen Gründen in
den Hintergrund. Hin und wieder half er zwar noch bei den 1. Herren von St. Magnus aus, widmete sich ansonsten aber seiner Familie. Gemeinsam mit seiner Frau Meike bezog er ein Haus in Burgdamm, in
dem er heute noch lebt.
Beruflich hatte er sich nach langen Jahren im Schichtdienst bei Klöckner (dort hatte er
Starkstromelektriker gelernt) 1981 bereits neu orientiert. Seitdem arbeitet er für die Firma DORMA, für die er heute als Kundendienstmitarbeiter quer durch das Weser-Ems-Gebiet fährt und
Brandschutzsysteme wartet. Dieser Job macht ihm immer noch großen Spaß und besonders, wenn er in Schulen gearbeitet hat, kann er abends zu Hause die eine oder andere Anekdote erzählen.
In den 90ern wurde Günter wieder aktiv und kehrte zu seinem Stammverein zurück. Seine ältere Tochter
Melanie hatte – sehr zur Freude des Vaters – ebenso Spaß am Handball gefunden, und als ein Trainer für ihre Mannschaft gesucht wurde, war dies der Anfang für Günters zweite Handball-Karriere. Bereits
im zweiten Trainerjahr konnte der erste Titel eingefahren werden: Die weibliche D-Jugend wurde Stadtliga-Meister. Zur selben Zeit war Günter bereits Jugendwart der HSG Lesum / St. Magnus
geworden und bemühte sich dabei hauptsächlich darum, dass zwischen den Nordbremer Vereinen ein besseres Klima herrschte.
Ein Versprechen gegenüber seiner jüngeren Tochter brachte Günter 1999, am Ende seiner aktiven
Karriere, nach Grambke: Antje spielte damals bei den Gelb-Schwarzen in der weiblichen C-Jugend und ihre Mannschaft brauchte einen neuen Trainer. Günter übernahm dieses Amt und die Grambker 4.
Herren musste ihn nicht lange überreden, selbst auch noch einmal ins aktive Geschehen einzugreifen. Und so fand Familie Scholten beim TV Grambke ihre neue Heimat.
In den letzten Spielzeiten trat Günter etwas kürzer und war „nur noch“ als Kreisliga-Schiedsrichter mit
Herbert Schmidt für den TVG aktiv. So hatte er mehr Zeit für sich und seine Familie, mit der er gerne im Urlaub ans Mittelmeer fährt. Einen festen Erholungsort gibt es aber nicht: Mal ist es die Türkei, mal
Malaga, gerne auch Griechenland. „Jedes Mal wenn Du da bist, sagst Du, da fährst Du wieder hin und tust es dann doch nicht!“ scherzt Günter, der gerne mal einen lockeren Spruch loslässt.
Ein weiterer dieser Art ist auch der folgende: „Mein 3-Mädel-Haus hat mich immer aufrecht und frisch
gehalten!“ lacht er und freut sich, dass seine Töchter auch heute noch gerne mit ihm und seiner Frau zusammenkommen. Leidenschaftlich gern spielt Günter auch Gesellschaftsspiele. Weniger ist er
dagegen für das Lesen zu begeistern: „Ich bin einfach kein Bücherwurm!“ Viel lieber ist er dann doch auf Hartrock-Konzerten gewesen, Deep Purple, Uriah Heep oder auch Status Quo haben es ihm da besonders angetan.
Warum hat er nun doch wieder eine aktivere Rolle – gemeinsam mit seiner Tochter Antje – als Trainer
bei der weiblichen C-Jugend übernommen hat? „Es fehlte schon irgendwas. Mein Herz hängt am Handball. Immer nur so zu Hause sein, das kann ich nicht!“ Und das freut nicht nur „seine Mädchen“ in
der C-Jugend, sondern auch eine Menge Grambke, die von seiner Erfahrung profitieren können.
rcs
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