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Eine kleine Erinnerung an
19 Monate mit drei alten Damen auf der Unterelbe

Jahrelang hatten sich der Reeder Egon Harms und der Bauunternehmer Voss um dieses “Kind” bemüht, 1999 war es soweit. Mit drei alten DSB-Fähren wurde der Anfang der Achtziger-Jahre eingestellte Fährbetrieb zwischen Cuxhaven und Brunbüttel wieder aufgenommen. 30 % Auslastung würden schon genügen, hieß es damals. Das dürfte doch wohl zu schaffen sein. Voller Freude stellte ich darauf ein, daß ich jetzt für die nächsten Jahre vor der eigenen Haustür endlich auch einmal ein paar Fährschiffe hätte. Am 8. März 2001 endete dieses Abenteuer jedoch sang- und klanglos. Zeit für eine eingenwillige, völlig unfaktische und melancholische Zusammenfassung dieser Monate.

Ein grauer August-Vormittag. Erst seit kurzer Zeit verkehren die rot-grau (!) gestrichenen Fähren zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven. Erstmals erreichte ich Cuxhaven, um diese Linie zu befahren. Aus dem Dunst nähert sich der Senior der Flotte, die 1960 in Aalborg gebaute JOCHEN STEFFEN ex PRINSESSE ANNE-MARIE, 3486 BRT, 1197 NRT,1282 tdw, Länge: 104,64 m, Breite: 17,70 m, Tiefgang: 4,60 m, Antrieb: 2 Dieselmotoren vom Typ Burmeister & Wain 950- VBF- 90, Leistung: 11 200 PS, Geschwindigkeit: 18 kn, Kapazität: 1500 Passagiere, Autodeck: 180 PKW. (Quelle: www.faehrschiffahrt.de) Sie dreht einen riesigen Kreis und fährt dann von hinten an den Anleger. Das ursprünglich offene Heck, das schon zu DSB-Zeiten für die Lettline-Verbindung geschlossen worden ist (nicht gerade eine ästhetische Meisterleistung) liegt schließlich am Ro-Ro-Anleger und die überdimensionale Rampe, die den Blick vom Schiff ins Kielwasser verhindert, öffnet sich.

Bevor es an Bord geht müssen noch schnell ein paar Photos gemacht werden. Ein Festmacher hat nichts dagegen, daß man sich etwas näher an den Anleger wagt. Ein kleiner Smalltalk: Der Mann ist überglücklich über diesen Job. Für die Langstrecke zwischen Kalundborg und Aarhus konzipiert sind die beiden ehemaligen Prinzessinnen sehr schnell unterwegs. Knapp 20 Knoten Geschwindigkeit sorgen für eine Überfahrt in 80 Minuten. Die Länge ist zumindest für die Speiseausgabe in der Cafeteria gut: Alles dauert noch ein wenig, bis es auf dem Teller liegt. Aber dafür schmeckt das Essen. Das Schiff selbst ist ganz hübsch gemacht. Für das biblische Alter sind Cafeteria, Bistro, Laden, Kinderzimmer und der mit zahlreichen Harms-Transportern geschmückte ehemalige Eingangsbereich doch sehr ansprechend. Im Landgang sitzt die Nordsee-Tombola. An Oberdeck ein altes Schild, wo der frühere Name durch das überklebte Weiß schimmert. Und eine Fahrt an Oberdeck hat durchaus seine Reize.

Ankunft in Brunsbüttel. Sehr langes Manövrieren, bis das Schiff endlich vertäut im Elbstrom liegt. Ein paar Pfähle und eine importierte Rampe, mehr sieht man nicht, jedenfalls vor dem Deich. Die erste Fahrt ist vorbei.

Zweiter Besuch, nur wenige Wochen später. Dieses Mal erreiche ich die HINRICH WILHELM KOPF, einfach nur zum hin- und herfahren. Das Wetter ist etwas heller. Hinein in das Vergnügen durch die kaum veränderte Hecksektion der ehemaligen PRINSESSE ELISABETH von 1964, Bauort: Aalborg, Vermessung: 5148 GT, Tragfähigkeit: 1187 tdw, Länge: 104,64 m, Breite: 17,70 m, Tiefgang: 5,10 m, Antrieb: 2 Dieselmotoren Typ Burmeister & Wain 950 VBF 90, Geschwindigkeit: 15 kn (naja...), Kapazität: Winter: 867 Passagiere, Sommer: 1068 Passagiere, Autodeck: 135 PKW, Besatzung: 27 Personen (das sind jetzt uralte DSB-Daten von www.faehrschiffahrt.de). Das Schiff ähnelt seiner Schwester, mit der es zwischen Kalundborg und Aarhus sowie Helsingör und Helsingborg für die DSB im Regelfall verkehrte, recht deutlich. Auch hier ist das ehemalige Restaurant über der Cafeteria geschlossen. Der DFV wird hier später eine Mitgliederversammlung durchführen. Für derartige Zwecke will man den Raum auch in Zukunft nutzen...

Auch hier werden die Klappen erst nach Fahrtende bzw. vor Fahrtantritt geöffnet oder geschlossen. Das Anlegen erfolgt ja auch nicht in “Boxen”, sondern an einer ganz normalen geraden Pier. Am Heck ist deutlich die zusätzliche Rampe zu erkennen, über die verladen wird. Ein Gegenstück dazu ist im Bug beider Prinzessinnen untergebracht. Fahrt zwei und drei erfolgen mit durchaus guter Belegung. Mit meinem Mitreisenden wundere ich mich über die seltsame Aufbaufarbe. Es ist tatsächlich ein schmutziges Grau! 

Am Ende der Fahrt beschäftigt dann doch die Frage: Wo liegt eigentlich die WILHELM KAISEN ex NAJADEN herum? Wir finden sie in einem Nebenhafen auf der niedersächsischen Seite. Die Auffahrrampen werden montiert, dafür müssen allerdings die Verkadeklappen umgebaut werden.

Sommer 2000. Fahrt Nr. 4 und 5. Die KAISEN liegt jetzt am Reservekai neben dem Anleger der Regelfähre. Wenn die KOPF zur Sail geht, springt sie ein. Am Anleger treffe ich wieder den gleichen Festmacher wie damals. Er erzählt von den Erlebnissen der Herbststürme und ist immer noch guter Dinge. Nur daß man eben den Fahrplan im Winter etwas korrigieren will (zwei Abfahrten weg) und die Schiffe jetzt langsamer fahren, hätte den Pessimisten stutzig machen können. Mich interessiert das zu dieser Zeit nicht. Viel spannender sind da die Spekulationen, wer denn die Nachfolger für die beiden Großen sein könnten, denn angeblich werden die Ersatzteile kanpp. An diesem mittlerweile sonnigen 19. August, dem Tag des Stapellaufes der neuen NILS HOLGERSSON in Bremerhaven wollen wir die STEFFEN noch einmal ordentlich genießen.

Letzter Akt: Mitte Februar berichten die Zeitungen, daß Elbe-Ferry vor dem Ende steht. Nichts mehr mit Weiterbetrieb, zu geringe Auslastung und zu hohe Treibstoffpreise. Schnell noch einmal hinfahren! Am 27. Februar 2001 kommt dann auch noch das Glück dazu. Statt der STEFFEN, die repariert wird, fährt die KAISEN, die ”immer länger braucht”. Mit knapp 13 Knoten auch kein Wunder. Und endlich geht so ein kleiner Traum in Erfüllung, mit der alten NAJADEN, einst in Helsingör bestaunt, zu fahren. Also los geht´s.

An Bord begegne ich noch einmal “meinem” Festmacher. Die Stimmung ist ganz mies. Auch hier eher Resignation als Hoffnung. Ich genieße den Blick auf das noch leere “Eisenbahndeck” ohne Mittelabtrennung. Die Reste der Schienen sind gar noch sichtbar aus der Zeit von 1967 bis 1987 auf der Öresund-Route. Danach ging es weiter ganz alleine zwischen Böjden und Fynshav. Die Daten zu DSB-Zeiten: Länge: 87,94 m, Breite: 13,38 m, Tiefgang: 4,00 m, Antrieb: B & W Typ 621 MTBH 30, Geschwindigkeit: 13 kn, Kapazität: 800 Passagiere, Eisenbahndeck: 1 Gleis mit 80,40 m effektiver Länge, Bauwerft: Aarhus Flydedock A/S, Aarhus. Vermessung: 1553 BRT, 504 NRT. (www.faehrschiffahrt.de)
An der Seite geht es hoch auf das Hauptdeck. Leer der Kiosktrakt, auf der einen Endseite eine Cafeteria, auf der anderen ein gemütlicher, kleiner Salon, der mir auf der Rückfahrt eine herrliche Sicht nach vorne über den Elbstrom bieten wird.
Auf dem Sonnendeck liegt Ruß auf den Bänken. Nicht so angenehm, dafür wird mir aber ohne Einwände ein Besuch auf der nichtbenutzten Brücke nach dem Ablegen versprochen. Das Versprechen wird gehalten. Alles noch dänisch, nur teilweise hastig mit deutschen Schildchen überklebt. Einfach herrlich für einen Shiplover. Der Kapitän bemerkt allerdings: Das Schiff sei schon so gut wie weg. Nach Spanien soll es gehen. Und Elbe-Ferry? Ach, die wird schon weiterhin existieren. Vielleicht nicht unter diesem Namen.
Nun, ich habe Überfahrt sechs und sieben noch einmal genossen und bin nach Hause gefahren mit dem Gefühl: Du hast dieses Geschenk ausgenutzt, daß man Dir drei alte DSB-Veteranen vor die Tür gelegt hat. Das war es wert. Und wenn es weitergeht, kommst Du erst recht wieder.

Es ging nur noch eine gute Woche weiter. Am 8. März war Schluß. Cuxhaven und Brunsbüttel trennt wieder unüberbrückbar die Elbe. Was aus den drei Oldtimern wird, ist mir z.Zt. noch nicht bekannt. Ob die Spanier sie wirklich noch haben wollen? Ich schätze eher, daß sie den Weg des alten Eisens gehen werden.

Mein Mitgefühl gehört an dieser Stelle aber vielmehr dem Cuxhavener Festmacher und seinen 75 Kollegen, die nun wieder ohne Arbeit dastehen. Möge sich das ganz schnell wieder ändern.  rcs

30/06/2004: Die alte NAJADEN fährt jetzt zwischen Zypern und der Türkei als TASUCU. Die Prinzessinnen fanden im Mai 2004 den Weg nach Alang...